Kirche Hartmannsdorf
Aktueller baulicher Zustand und Sanierungsmaßnahmen
Kurze Geschichte der Kirche zu Hartmannsdorf
Hartmannsdorf hatte seit seinen Anfängen, der Besiedlung durch fränkische Bauern, etwa zwischen 1150 und 1250, auch bald schon eine eigene Kapelle. Ihre spätromanischen Formen ergaben diese Zuordnung. Sie hat keinen besonderen Namen und wurde mehrfach verändert und erweitert
Als aber Mitte des 19. Jh. Hartmannsdorf von einem Bauerndorf zu einem Handwerker- und Industriedorf sprunghaft anwuchs, wurden schnell Schule und Kirche, sie hatte immerhin schon 400 Sitzplätze, zu klein. Außerdem war sie wieder baufällig, auch die Empore mußte gesperrt werden. So dachte man ab 1857 über eine Erweiterung oder einen Neubau nach. Über 30 Jahre später kam man durch Druck von der höheren Kirchenbehörde zum Ergebnis: ein Neubau. Den Auftrag erhielt der Kirchenbau-meister Christian Gottfried Schramm, geb. 1857 in Flensburg und Schüler der Hannoverschen Bauschule. Dort wurde er mit der Kunstrichtung des Historismus (Neugothik) vertraut, der Wiederbelebung, dem Nachbau, der mittelalterlichen gothischen Backsteinbauten.
In unserer Umgebung waren schon einige größere Kirchen von Herrn Schramm projektiert worden:
- 1885 St. Nicolai in Chemnitz an der Stollberger Str. – im Krieg zerstört –
- 1891 St. Michaelis in Chemnitz –
- 1893 Lutherkirche in Limbach-Oberfrohna –
Am 26. Sept. 1893 erfolgte die Grundsteinlegung und am 11. Nov. 1894 schon die Weihe dieser Kirche. In knapp 14 Monaten war der Bau vollendet. Erstaunlich schnell und immer wieder angezweifelt, aber belegt. Nur kurze Zeit standen sich hier zwei Kirchen gegenüber.
Im darauffolgendem Frühjahr wurde in 8 Wochen die alte Kirche abgetragen und die Steine dann für den Wegebau zur neuen Kirche verwendet!
Der Kirchenbau war nicht unumstritten. Er wurde für zu großspurig und zu teuer empfunden.
Es gab Proteste von der Kommune und den Sozialdemokraten, sowie Diebstahl von Bauplänen. Es mußte ein Nachtwächter angestellt werden. Die hohen Kosten von 154514,15 RM deckte ein Kredit von 129000 RM auf 64 (69) Jahre ab, mit 4% Verzinsung, das sind auch noch 2096 RM pro Jahr, den Rest erbrachten Spenden. Der Kredit blieb über die beiden Weltkriege hinweg bestehen und konnte erst Anfang der 60er Jahre getilgt werden. Der damals beim Bau im Ort künstlich erzeugte Mißmut war ab dem Tag der feierlichen Glockenweihe (28. Aug. 1894) in große Freude umgeschlagen, schrieb der damalige Pfarrer Trautloff.
Die Kirche wurde als dreischiffige Hallenkirche mit Betonung von Hauptschiff und Mittelachse gebaut; für 800 Sitzplätze, heute auf 700 reduziert. Es ist ein Rohziegelbau mit Ullersdorfer Klinkern verblendet, mit Glasursteinen an den Ecken belebt, verziert unter mäßiger Verwendung von Sandstein an Simsen und Auflagen.
Aus der alten Kirche konnten die Glocken, Turmuhr und Orgel nicht wieder verwendet werden. Auch der alte romanische Taufstein kam an andere Standorte. 2020 konnte er von einer Kirchgemeinde, wo er nicht mehr bebraucht wurde, wieder zurückgeholt werden und hat nun doch noch einen Platz in unserer Kirche gefunden.
Die neuen drei Bronzeglocken, in Des-F-As, wurden in Dresden in Anwesenheit der Kirchenvorsteher von der Fa. Bierling gegossen. Der Klang war hervorragend und dadurch wurde das Geläut im Ersten Weltkrieg vor der Abgabe an die Militärführung geschützt. Dafür mußten die Orgelprospekt-pfeifen aus Zinn abgegeben werden. Im Zweiten Weltkrieg half das leider nicht noch einmal. Zwei Glocken wurden 1942 an Ort und Stelle zerschweißt und abgegeben, nur die kleinste konnte bleiben. Erst 32 Jahre später unter Pfarrer Chr. Lüke, 1974 zum 80. Kirchweihfest, erklangen wieder drei Glocken vom Turm. Sie konnten von Gemeinden aus der Umgebung, die sie nicht mehr benötigten, abgekauft werden. Das jetzige Geläut erklingt etwas höher mit E-Gis(As)-H.
Die Turmuhr fertigte die noch bestehende Leipziger Fa. Zachariä. Bis 1985 mußten täglich die drei Gewichte für den Gang, den Viertel- und den Stundenschlag aufgezogen werden. Dann erhielten wir von unserer damaligen Partnergemeinde Lüne bei Lüneburg eine neue Läuteanlage mit elektrisch/ mechanischer Schaltuhr der Fa. Hörz, die auch neue Motoren für den Glocken- und Zeigerantrieb steuerte. Die mechanische Turmuhr wurde stillgelegt.
Im Frühjahr 2020 wurde der eiserne Glockenstuhl ausgebaut und durch einen hölzernen Glockenstuhl ersetzt. Schäden durch Treibrost an den Vernietungen und die Übertragung von Schwingungen auf das Turmmauerwerk sollten beseitigt werden. Eine digitale programmierbare Uhr steuert jetzt das Geläut und den Zeigerantrieb. Ab dem 18. Aug. 2020 wurde wieder regelmäßig geläutet. Es ergab sich auch ein schöneren Klang.
Die pneumatische Orgel baute die Fa. Jehmlich aus Dresden mit 2 Manualen, Pedal und 21 Registern. 1955 wurde sie so verändert, daß etwa alle klassischen Musikstile erklingen können.
Einige romantische Register wurden entfernt, andere Register eingefügt und der Spieltisch von der Orgel abgesetzt, damit der Kantor gleichzeitig den Chor dirigieren konnte.
Ein Teil der Orgel ist weiter hinten in einem Turmgewölbe, sodaß ein Echo- und Doppelchoreffekt erreicht werden kann. Sie hat jetzt 32 Register und 2003 Pfeifen.
Vier größere dreiflammige Gaslampen an der Brüstung der Empore und weitere kleinere erhellten ursprünglich bei Bedarf die Kirche. Die Lampen wurden 1929 auf elektrische Leuchten umgebaut und um drei große Kronleuchter erweitert. Den Blasebalg der Orgel füllt seit dieser Zeit ein Elektromotor-gebläse. Die Arbeit des Bälgetreters war damit zu seinem Bedauern beendet. Ebenfalls wurde noch die erste elektrische Läuteanlage (der Fa. Bockelmann & Kuhlo, aus Herford) eingebaut. Bis dahin wurden die drei Glocken von Hand mit langen Seilen von weiter unten gezogen.
Damals das Modernste war eine Dampfheizung der Fa. Martini aus Leipzig, bis heute in Betrieb.
Die Dampfkessel mußten aber mehrfach erneuert werden.
Die Bauarbeiten wurden möglichst an ortsansässige Handwerkerfirmen vergeben, wie Dachdecker- und Tischlerarbeiten. Für die Maurerarbeiten erhielt aber die Fa. Poser aus dem Nachbarort Limbach den Zuschlag und nur für größere technische Sachen wurden auswärtige Firmen beauftragt.
Den 2. Weltkrieg hatten die Kirche und der Ort relativ glimpflich überstanden. Aber die Zahl der gefallenen Soldaten war viel höher als im 1. Weltkrieg, wo schon über 200 Hartmannsdorfer fielen, siehe auch das Denkmal vor der Kirche. Auch zwei Pfarrer und der Kirchner kamen ums Leben. In der Kirche gingen einige große Fenster durch Beschuß zu Bruch, einige Einschüsse und Durchschüsse mußten repariert werden. Durch die nachfolgende amerikanische und kurz danach die russische Besatzung wurde das kirchliche Leben nicht gestört.
Bis 1965 bestand die Kirche etwa im Originalzustand. Dann kam am 12. Dez. 1965 das schlimme Ereignis eines Dachstuhlbrandes durch Überhitzung des Schornsteins. Ein anliegender Balken hatte Röstkohle gebildet und sich entzündet. Dank dem Einsatz von 12 Feuerwehren aus Hartmannsdorf und der Umgebung, konnten das Gewölbe und der Turm gerettet werden. Das Dach wurde bald, vereinfacht und mit stählernem Dachstuhl versehen, wieder aufgebaut. Dann mußte innen noch vieles aufgearbeitet werden. Es wurde der Anlaß zu einer größeren Modernisierung, etwa so wie wir die Kirche jetzt vorfinden: helle Wandfarben, die Zierbemalungen entfernt, das Holz der Bänke und Emporen aufgehellt durch Abbeizen und den Altarraum komplett neu gestaltet. Neuer Altar, neue Fenster, neue Kanzel und neues Lesepult, Altarschranken entfernt. Die gesamte Elektrik wurde erneuert und dabei auch die alten, schmiedeeisernen und mit Kupfer verzierten Kronleuchter von 1929 entfernt und durch einfache moderne Pendelleuchten ersetzt.
Die drei alten Bilderfenster, von Gemeindegliedern gespendet, die Weihnachtsszene, die Auferstehung und die Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Jünger darstellend, etwas baufällig und bei Renovierungsarbeiten noch mehr beschädigt, wurden abgebaut. Die jetzigen Fenster entwarf 1967 der Kunstmaler Rudolf Fleischer aus Chemnitz, damals Karl-Marx-Stadt, für unsere Kirchgemeinde. Es sind mosaikartige, bleigefaßte Antikbuntglasscheiben zum Thema „Gericht und Gnade“. In der Mitte Christus als Weltenrichter, der den Tod besiegt hat. Rechts und links davon ist die Scheidung der Schafe von den Böcken dargestellt, Gutes vom Bösen getrennt. Links eine Familie mit Tischgemeinschaft, darunter Nächstenliebe und Barmherzigkeit, im Hintergrund oben deuten Fabriken auf die Arbeitswelt. Rechts unter Gewitterstimmung das Negative mit Geiz, Ehebruch und Gewalt. Gefertigt wurden die Fenster durch die Glaserfirmen Floßmann in K-M-St. und Lange & Sohn in Plauen (5. Fenster). Vom ursprünglichem Altar ist nur die große Steinplatte wiederverwendet worden. Darauf stand ein großer 3-teiliger Holzaufbau, ähnlich dem Orgelprospekt, aber mit Ornamenten und Goldfarbe verziert. In der Mitte ein Christusbild und darüber das Kruzifix, was jetzt an der Wand hängt, in Oberammergau aus Birnenholz geschnitzt. In seitlichen Nischen standen die 4 Apostel, gefertigt in einer Münchener Kunsthandlung. Der Sinn des Umbaues war, daß der Pfarrer nun mit Blick zur Gemeinde sprechen und beten konnte. Rechts ist die Sakristei und links geht es in die kleine Taufkapelle, die jetzt mehr als Mutti-Kleinkindraum genutzt wird, getauft wird meist im Altarraum, oft auch im Gottesdienst.
An genügend Nebenräume oder gar Sanitäranlagen wurde damals nicht gedacht. Durch verschiedene Initiativen konnten erst in den letzten Jahren eine behindertengerechte Auffahrt zur Seitentür der Kirche und innen im Vorraum eine behindertengerechte Toilette gebaut und beides 2016 fertiggestellt werden.
Quelle: Archiv Kirchgemeinde Hartmannsdorf
Stand 2020
Die Dampfheizung musste wegen Mängel und Baufälligkeit 2022 außer Bertieb genommen werden.
125 Jahre Kirche Hartmannsdorf (2019) die Geschichte
Und hier noch etwas zum alten Hartmannsdorfer Taufstein